Man blickt ja heutzutage gar nicht mehr durch. Während mein Opa, mein Vater und ich am Tisch saßen, machte mein Vater zu irgendeinem Thema eine süffisante Bemerkung. War wohl was aus der Zeitung, und er meinte sinngemäß: "... ist ja krass. Ja, so reden die Typen heutzutage." Ich, der Schlaubi Schlumpf, hatte dann angemerkt, daß das Wort "krass", welches hier im Fokus stand, natürlich steigerbar sei: krass - oberkrass - megakrass.
Bis mir bei intensiverer Überlegung doch Zweifel kamen, ob ich da nicht veraltetes Wissen weitergeben habe. Also heute Wortkunde am Beispiel "krass".
Ich frage mich, ob nicht inzwischen folgendermaßen gesteigert wird: krass (Positiv) - übelstkrass (Komparativ) - krasse Scheiße (Superlativ)
Und in welchen Kontext empfhielt sich eigentlich die Verwendung "überkrass"? Ich stelle mir da einen Vater mit seinen zwei Jungen (11 und 13 Jahre alt) vor. Die spielen gerade Fußball, ein Bursche schießt ein Tor und ist stolz wie Oskar. Folgender Dialog:
Junge 1: "Papa, Papa. Hast du den Schuß gesehen? War ich nicht krass?"
Vater: "Ja, hast du echt krass gemacht."
Junge 2 (ringend um Anerkennung): "Und ich? Ich habe doch die Torvorlage gegeben."
Vater: "Richtig, das war natürlich überkrass."
Ist das "überkrass" also in Wirklichkeit gar keine gesteigerte Form, obwohl es der Ausdruck vermuten läßt? Sondern vielmehr eine Verzweiflungskonstruktion?
"Richtig krass" dürfte einhergehend mit der Bedeutungsinflation des Wortes eigentlich das meinen, was vor 20 Jahren mal gänzlich normal "krass" gewesen war. Analog dazu ist das frühere "richtig krass" inzwischen ein "fettkrass", oder?